„Expressionistisches Kino“ – das war die große Zeit des frühen deutschen Stummfilms. Cinema Quadrat zeigt von Oktober bis Januar sechs Stummfilme mit Live-Musikbegleitung. Die Filmreihe „Schräge Welten – Expressionistische Filme der 1920er“ begleitet die Ausstellung der Kunsthalle Mannheim „Kirchner, Lehmbruck, Nolde. Geschichten des Expressionismus in Mannheim“ (26.9.2025 bis 11.1.2026).
Die deutsche Filmbranche war nach dem Ende des Ersten Weltkriegs bis ca. 1925 von einer bemerkenswerten Experimentierfreude gekennzeichnet. Diese zeigt sich nicht nur in expressiven Bauten und Dekors, im extremen Hell-Dunkel der Bilder oder im ausdrucksstarken Spiel der Darsteller und Darstellerinnen, sondern auch in der Wahl der Inhalte und Themen. Oft lieferten psychische Ausnahmezustände bis zum Wahnsinn und unheimliche Erscheinungen aus einer anderen Welt die Stoffe für das faszinierende Geschehen auf der Kinoleinwand der frühen 1920er Jahre.
Diese Art der Inszenierung war eine völlige Neuheit und legte den Grundstein dafür, dass die Filmkunst aus Deutschland weltweit Anerkennung und Nachahmer fand, mit Filmen, die noch heute als zeitlose Klassiker gelten.
Zum Programm der Filmreihe „Schräge Welten“ gehören teils kurze Einführungen, teils längere Vorträge; jeder Film wird von Musikern der Region live am Klavier begleitet – mal klassisch, mal modern, mal improvisierend.
Ein Film aus dem Bestand der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung.
Wir zeigen die restaurierte Fassung in 4K-Auflösung.
Vernissage mit Sektempfang, Grußworten, Vortrag „Du musst Caligari werden!“ von Dr. Peter Bär, Einführung in den Film
Stummfilm mit Livemusik von Reinhold Keil
Eintritt: 20 € / 15 € erm. / 13 € Mitglieder Cinema Quadrat e.V.
„Du musst Caligari werden!“ Mit einer großangelegten Plakataktion wurde der Film beworben – und er wurde ein Welterfolg. Der wahnsinnige Dr. Caligari versetzt mit Hilfe des Somnambulen Cesare eine Stadt in Angst und Schrecken, denn Cesare begeht des Nachts schlafwandelnd furchtbare Morde. Wie in diesem Film die Grenze zwischen Realität und Wahnsinn aufgelöst wird, wie dabei die Filmbilder selbst buchstäblich „ver-rückt“ werden, war bis dahin einmalig im Kino: mit grotesken Schrägen und bizarren Bildstaffelungen, mit riesigen Schatten und verzerrten Kulissen, die die irre Innenwelt der Protagonisten kongenial wiederspiegeln. Der Stil des filmischen Expressionismus wurde daher auch „Caligarismus“ genannt.
DAS CABINET DES DR. CALIGARI hatte maßgeblichen Anteil daran, dass das deutsche Kino der 1920er Jahre – kurz nach dem verlorenen Krieg – in der ganzen Welt bewundert wurde.
Ein Film aus dem Bestand der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung.
Einführung: Christian Scheuermann
Stummfilm mit Livemusik von Jens Schlichting
Eintritt: 15 € / 12 € erm. / 10 € Mitglieder Cinema Quadrat e.V.
Ein Ehemann ist von der Untreue seiner Frau überzeugt. Bei einem Dinner beobachtet er Silhouetten hinter einer Gardine: seine Frau, fremde Hände, die sie anfassen… Doch die Schatten trügen, seine Frau wurde von niemandem berührt. Ein anwesender Schausteller bemerkt den eifersüchtigen Wahn des Mannes und will die Wahrheit ans Licht bringen: Er hypnotisiert die Abendgesellschaft und führt ein Schattenspiel vor, in dem den Gästen ihre erotischen Wünsche und Ängste vor Augen geführt wird.
Der Stummfilm kam ursprünglich ganz ohne Zwischentitel aus (erst ein Jahr später wurden ihm welche hinzugefügt); er ist ein gänzlich visuelles Erlebnis, in dem die psychologischen Innenwelten der Filmfiguren sich nach außen wenden: „Dieser Film zeigt meisterhaft den im romantischen und expressionistischen deutschen Stummfilm zur Vollendung entwickelten dramaturgischen Gebrauch von Licht, Schatten und Spiegeln.“ (Die Zeit, 1973)
Mit Vortrag „Wie kam es zu expressionistischen Filmen und was macht sie aus?“ von Dr. Peter Bär und Einführung in den Film
Stummfilm mit Livemusik von Frieder Egri
Eintritt: 20 € / 15 € erm. / 13 € Mitglieder Cinema Quadrat e.V.
Zu Werbezwecken soll ein Dichter zu den Figuren eines Wachsfigurenkabinetts auf dem Jahrmarkt Geschichten erfinden. Er imaginiert Episoden im Palast von Harun al-Raschid, dem Kalifen von Bagdad und im Folterkeller von Zar Iwan dem Schrecklichen – und erliegt einem Alptraum mit Jack the Ripper.
Paul Leni inszenierte den geradezu märchenhaften Episodenfilm und schuf zugleich als Bühnenbildner die charakteristischen Bauten, die den einzelnen Segmenten zunehmend Elemente des Wahnsinns und der Bedrohlichkeit geben, bis sich im fulminanten Finale Fantasie und Wirklichkeit vermengen: „Sternstunde des Weimarer Stummfilmkinos zwischen Kunsterlebnis und Jahrmarktsvergnügen“ (Berlinale)
Mit Vortrag „Expressionismus in der Bildenden Kunst und dessen Wirkungen auf den Film“ von Dr. Dorothee Höfert und Inge Herold (Kunsthistorikerinnen)
Stummfilm mit Livemusik von Frieder Egri
Eintritt: 20 € / 15 € erm. / 13 € Mitglieder Cinema Quadrat e.V.
Der Pianist Orlac gerät auf der Heimreise von einer Tournee in ein schreckliches Zugunglück. Er verliert beide Hände. Ihm werden ihm neue Hände angenäht – sie stammen von einem hingerichteten Raubmörder. Fortan wird er von panischen Angstzuständen heimgesucht; mit den Verbrecherhänden kann er nicht mehr Klavier spielen, wagt sich nicht mehr, seiner Frau anzunähern. Dann geschieht ein Mord – an der Tatwaffe die Fingerabdrücke des Mörders, dessen Hände nun Orlacs Hände sind…
Robert Wienes letzter expressionistischer Stummfilm, der realistische Kriminalfilm-Motive mit Elementen der damals noch jungen Wissenschaft der Psychologie verbindet, ist ein beeindruckendes Spiel von Licht und Schatten: die expressionistische Bildsprache verdeutlicht Orlacs psychischen Zustand und sein Ringen mit dem Bewusstsein, Mörderhände zu besitzen.
Einführung: Erich Siebert
Stummfilm mit Livemusik von Reinhold Keil
Eintritt: 15 € / 12 € erm. / 10 € Mitglieder Cinema Quadrat e.V.
Nach Motiven aus Dostojewskis „Schuld und Sühne“ erzählt das expressionistische Filmdrama vom mittellosen Studenten Raskolnikow, der in seiner Not eine betrügerische Pfandleiherin und deren zufällig hinzukommende Schwester ermordet. Er gesteht die Tat Sonja, in die er verliebt ist. Ein Ermittlungsrichter verdächtigt Raskolnikow, treibt ihn im Verhör fast dazu, den Mord zu gestehen. Doch dann bekennt sich ein religiöser Fanatiker zu dem Verbrechen.
Nach CALIGARI und vor ORLAC’S HÄNDE gilt diese Literaturverfilmung als weiterer Höhepunkt im Schaffen von Robert Wiene, der den expressionistischen Stil der verzerrten Kulissen für die Darstellung von Elend, Schuld und Gewissen einsetzt. Gestaltet wurden die Filmbauten von dem Exilrussen Andrej Andrejew, die Künstlichkeit des Dekors steht auf faszinierende Weise gegen das naturalistische, milieugerechte Spiel des Ensembles des von Stanislawski geleiteten Moskauer Künstlertheaters.
Finissage mit Vortrag inkl. Lesungen: „Expressionismus in Literatur, Theater und Film“ von Christian Scheuermann und NN. und Einführung in den Film
Stummfilm mit Livemusik von Jens Schlichting
Eintritt: 20 € / 15 € erm. / 13 € Mitglieder Cinema Quadrat e.V.
Der Kassierer einer Bank stiehlt eine große Summe – eigentlich, um einer Dame zu helfen, der ein Kredit verweigert wurde. Doch da sie sich als höchst vermögend herausstellt, behält er das Geld und stürzt sich in die kostspieligen Vergnügungen der Großstadt.
Regisseur Martin verfilmte das gleichnamige, expressionistische, 1917 uraufgeführte Theaterstück in der Nachfolge von DAS CABINETT DES DR. CALIGARI: Ausdrucksbetontes Schauspiel mit künstlich erscheinenden Kostümen in gemalten Dekorationen bilden mit der Ausgestaltung des mondänen Großstadtlebens eine künstlerische Einheit. Der Film galt lange als verschollen und wird mit seiner radikalen Bildsprache heute als einer der Hauptrepräsentanten des expressionistischen Films in der Weimarer Republik angesehen.
+49 621 – 21242
buero@cinema-quadrat.de
Cinema Quadrat e.V.
K1, 2
68159 Mannheim
Unser Kino nutzt Ökostrom der EWS Schönau!
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